Verdunstung (Evapotranspiration)

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olicat
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Verdunstung (Evapotranspiration)

#1

Beitrag von olicat »

Hallo!

Auf der Weathercloud-Seite gibt es fuer den Aussenbereich eine Anzeige der Verdunstung (Evapotranspiration).
Weiss jemand, wie dieser Wert berechnet wird, was er tatsaechlich aussagt und ob eine Berechnung des Werts irgendwelche Erkenntnisse bringt?
Oder gibt es Wetterstationen, die diesen Wert tatsaechlich messen und auch ausgeben?

Oliver
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Tex
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Re: Verdunstung (Evapotranspiration)

#2

Beitrag von Tex »

und ob eine Berechnung des Werts irgendwelche Erkenntnisse bringt?
Wie kommst du darauf, daß ein Meßwert irgendwelche Erkenntnisse bringen könnte?
weather man
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Re: Verdunstung (Evapotranspiration)

#3

Beitrag von weather man »

Hallo Oliver,

Verdunstung richtig zu messen, ist eine komplizierte Angelegenheit. Man kann zwar die maximal mögliche Verdunstung berechnen (Temperatur und Luftfeuchtigkeitsprofil, Wind, Sonneneinstrahlung). Zuerst einmal sollte man verstehen, dass die Verdunstung (Fachbegriff Evapotranspiration) aus zwei Komponenten besteht - der Evaporation (Verdunstung durch den Boden) und der Transpiration (Verdunstung durch Pflanzen, Tiere etc.).
Hierzu verwendet man in der Meteorologie u.a. ein Evaporimeter, welches im Prinzip aus einem Zylinder mit 1m² Fläche besteht. Dieser Zylinder ist mit Wasser gefüllt und man kann dann anhand der Gewichtsänderung durch das verdunstete Wasser die maximal mögliche Verdunstung bestimmen. Damit wird nur (!) die Evaporation bestimmt. Die Transpiration ist nochmal schwieriger bestimmbar und hängt zusätzlich von der Pflanzenart/Tierart, Bewuchsdichte ab.
Rudimentär lässt sich die Evaporation auch mit einer Näherungsformel von H.L. Penman (1948) berechnen, welche die oben genannten und weitere Faktoren (z.B. Bodenwärmestrom) berücksichtigt. Ähnlich wird das wohl auch in der weathercloud funktionieren, vermutlich mit weiteren Annahmen oder auch anderen Formeln.
Allerdings gibt es da in der Realität einige weitere, zusätzliche Faktoren, die die Evapotranspiration deutlich reduzieren können:
  • Vegetation auf dem Boden
  • Bodenbeschaffenheit
  • Wassergehalt im Boden (wenn der Boden an der Oberfläche sehr trocken ist, kann auch wenig verdunsten)
  • Umgebung (z.B. Schattenwurf durch Bäume, Häuser)
Ein weiteres Messgerät in der Meteorologie ist das sogenannte Lysimeter. Das Lysimeter misst das Gewicht eines oben offen gelassenen Zylinder, welcher mit Erde aus der Umgebung gefüllt ist und in die Erde eingegraben wird. Dies ist aber auch ein schwerer Eingriff in den Stoff-/Wasserhaushalt des Bodens, weswegen sich erst wieder ein Gleichgewicht einstellen muss und die Messungen erst nach einiger Zeit verlässlich sind.
Als Fazit gilt, dass die Aussagekräftigkeit des Wertes aus weathercloud nur stark begrenzt ist und allenfalls als Richtwert dienen kann. Ich nutze allerdings weathercloud nicht und kann nicht genau beurteilen, wie die das anstellen, vmtl. übernehmen sie die Werte aus der Wetterstation.
Meine Davis Vantage Pro 2 Aktiv Plus gibt auch einen berechneten Wert für die Evapotranspiration aus (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wind, Solar). Hier könnte also weathercloud direkt den Wert aus der Wetterstation übernehmen.
Zuletzt sei noch gesagt, dass die Evapotranspiration nur einen Teil der Faktoren darstellt, ob Pflanzen unter Trockenstress stehen oder nicht. Niederschläge versickern auch und fließen durch Flüsse ab, unterschiedliche Pflanzenarten haben einen variablen Wasserbedarf.
Viele Grüße
Markus - weather man

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olicat
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Re: Verdunstung (Evapotranspiration)

#4

Beitrag von olicat »

Hallo Markus,
Verdunstung richtig zu messen, ist eine komplizierte Angelegenheit.
vielen Dank fuer die ausfuehrliche Antwort.
Vorallem Dein Hinweis auf die VP2 hat mir sehr weitergeholfen. Genau die soll dann wohl auch mit dieser Funktion bei Weathercloud bedient werden.
Denn bei meiner Station bleibt der ET-Bereich auf der Weathercloud-Seite schlicht ausgegraut. Und alles, was ich dazu im Netz finden konnte waren Sensoren, die ich mir im Umfeld einer PWS nicht wirklich vorstellen konnte.
Daher ging ich von einer Moeglichkeit der Berechnung aus.

Ich habe mir jetzt mal den Source von weewx angeschaut und tatsaechlich ist da auch eine Berechnungsfunktion enthalten!
Vielleicht versuche ich das mal fuer mich nachzustellen und die daraus resultierenden Werte zu deuten.
Danke!

Oliver
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Tex
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Re: Verdunstung (Evapotranspiration)

#5

Beitrag von Tex »

WSWIN kann das übrigens auch berechnen .
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Ton_vanN
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Re: Verdunstung (Evapotranspiration)

#6

Beitrag von Ton_vanN »

Wer sich die ET selber berechnen möchte, gibt es hier eine Dokumentation für Penman Monteith Formel und FAO-56 Methode:
http://edis.ifas.ufl.edu/pdffiles/ae/ae45900.pdf
Braucht als Eingabe nur übliche Wetter-Sensordaten.
Hab es selber implementiert mittels lua-script in Domoticz in ein Modus wie Niederschlag:
täglich kumuliert ab 0-Wert auf 00:00
Mit Vergleich zu Niederschlag kann man dann kontinuierlich Feucht-Tendenz und Feucht-Effekt errechnen, pro Stunde, pro Tag, pro Woche, pro Monat, uzw..

Zu beachten dabei dass aktuelle ET-Werten (in mm) sehr niedrig sind, und darum besser kumulierte Werten verwendet werden können, mindestens "mm pro Stunde":
- aktueller Wert bestimmen, nicht abrunden
- summieren von 00:00, nicht abrunden
- extrahieren über gewähltes Interval, dann abrunden.
Hab diese Erfahrung aus WeeWX, wo in Darstellung standard x.x-Werten verwendet werden (die also immer 0,0 sind).
Sensors: TFA_Nexus + LaCrosse_WS7000 + Tempest + Ecowitt + DIY
Software: WsWin + WeeWX + GW1000 + Meteobridge + Domoticz + DIY
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